Die Landesregierung verschließt die Augen vor der Realität

Zu diesem Ergebnis kommt der der Freie Wähler-Regionalrat Bernhard Maier, der frühere Landrat des Kreises Böblingen in einem Beitrag, den er für die Regionalfraktion der Freien Wähler verfasst hat. Wegen der Bedeutung des Themas für die Stadt Remseck am Neckar wollen wir den Amtsblatt-Lesern diesen Beitrag nicht vorenthalten:

„Der Großraum Stuttgart ist bundesweit Spitze bei den Verkehrsstaus. Kein gutes Aushängeschild für einen Wirtschaftsstandort europäischen Ausmaßes. Betrachtet man die Verkehrsbelastung im Straßennetz wird schnell klar, wo ein Kernpunkt des Problems liegt. Im Nordosten der Region gibt es keine leistungsfähige Tangentiale. Nach wie vor fehlt eine flüssige Verbindung von den Mittelzentren im Westen (Böblingen, Leonberg, Ludwigsburg) in den Osten (Waiblingen, Fellbach, Schorndorf). Nach wie vor führt der Weg mitten durch die Landeshauptstadt oder über nicht ausgebaute Landesstraßen über den Neckar bei Remseck. Der tägliche Verkehrskollaps ist dort zu besichtigen.

Schon der Regionalverkehrsplan aus dem Jahre 2001 sieht hier, nach vielen vorausgegangenen Untersuchungen, eine Verbindung zwischen den Mittelzentren Ludwigsburg und Waiblingen vor. Wirklich angepackt hat der Träger der Straßenbaulast, das Land, dieses Thema aber nur zögerlich. Widerstreitende lokale Interessen, die dort eine große Rolle spielen, sind nun einmal keine Antriebskräfte für neue Straßen. Lokale Interessen und Proteste übertönen häufig, wie dieses Beispiel zeigt, überörtliche Belange einer ganzen Raumschaft.

Immerhin hat der frühere Regierungspräsident Andriof mit der Auftragsvergabe für eine Brückenplanung bei Remseck eine erste Marke für eine Nordostumfahrung im dortigen Bereich gesetzt. Mit dem Hinweis auf „ neue Untersuchungen“ für diesen Raum hat der neue Verkehrsminister des Landes diese Überlegungen schnell wieder in die Schublade verschwinden lassen. Seither herrscht Schweigen, nur die Messstelle bei Remseck zählt still vor sich hin, täglich quälen sich mehr als 30 000 Fahrzeuge durch ein völlig unzureichendes Verkehrsnetz mit Staus und Schleichwegen.

Wie auf einer Autobahn geht es zeitweise an der Remsecker Neckarbrücke zu

Nun aber ist wieder eine entscheidende Weichenstellung angesagt. Bis zum Herbst kann das Land im Berliner Verkehrsministerium anmelden, welche Autobahnen oder Bundesstraßen in unserem Land von 2015 bis 2030 neu gebaut oder ausgebaut werden sollen. Verkehrsminister Hermann hat dieser Tage seinen Entwurf vorgelegt, der nun in die Anhörung geht.

Nun zaubert der Minister eine andere Lösung für den Nordosten aus dem Hut. Weil auch ihm klar ist, dass es an dieser Ecke klemmt, soll nun ganz im Norden der Region die L 1115 Backnang-Mundelsheim zur 4-spurigen B 29 ertüchtigt werden. Ein Schachzug, der durchsichtiger nicht sein könnte. Eine Landesstraße, die man seit Jahren sträflich vernachlässigt hat und deren Ausbau unzweifelhaft ansteht, wird mal wieder nach Berlin in die Trägerschaft des Bundes abgeschoben! Dort wird man sich herzlich bedanken. Von einer Verbindung Ludwigsburg-Waiblingen als dringendste und vorrangige Landesaufgabe im Straßennetz der Kernregion ist keine Rede mehr. Sie ist im Verkehrsministerium längst beerdigt, das Ergebnis der (was weiß ich wievielten) Verkehrszählung spielt längst keine Rolle mehr.

Der Verkehrsminister wäscht seine Hände in Unschuld, er hat ja einen Vorschlag gemacht, wenn nichts passiert sind ja die Anderen verantwortlich. Vor der eigenen Haustüre, in der Herzkammer des Wirtschaftsstandorts, weicht er seinen Pflichtaufgaben aus. Dadurch wird in diesem Raum überhaupt nichts mehr realisiert. Die Folge, ein Verkehrszustand, wie er schlimmer nicht sein könnte, wird auf Jahre zementiert, die Verantwortung wird hin und her geschoben. Das kann auch zur Methode werden, wenn man keine Straßen mehr bauen will. Den Menschen im Stau ist jedenfalls damit nicht geholfen

Das Thema ist jedoch zu wichtig, um in politischen Winkelzügen unterzugehen. Wir Freien Wähler werden im Verkehrsausschuss des Verbands Region Stuttgart, im neuen Regionalverkehrsplan und im heranstehenden Kommunalwahlkampf den Finger in die Wunde unerfüllter Landesaufgaben legen. Von Verkehrsminister Hermann, aber auch von Ministerpräsident Kretschmann, erwarten wir mehr als den Ausbau von Radwegen und das Abschieben der Verantwortung. Wir erwarten vor allem schlüssige Antworten und Taten für die drängendsten Verkehrsprobleme im Kern unserer Region und des Landes.“

 


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